ZfL INFO 56/2019: Neue Beiträge im ZfL BLOG
NEUE BEITRÄGE IM ZfL BLOG
- Moritz Neuffer und Morten Paul über die Medienökologie der neuen Rechten (05.08.2019)
- Franziska Thun-Hohenstein über den russischen Schriftsteller Warlam Schalamow (24.07.2019)
- Insa Braun über Christian Kracht, Clemens Setz und die Wahrhaftigkeit (04.07.2019)
- Clara Fischer über die Frage, was Literatur darf (03.07.2019)
- Maria Kuberg über Probleme der Historisierung moderner Dramatik (11.06.2019)
ZUR MEDIENÖKOLOGIE DER NEUEN RECHTEN. Moritz Neuffer und Morten Paul im Gespräch
Für die Juli-Ausgabe von »39Null – Magazin für Gesellschaft und Kultur« (7/2019) hat Katharina Rahn mit Moritz Neuffer und Morten Paul über die Neue Rechte, Medien und Fragen der Öffentlichkeit gesprochen. Zusammen mit weiteren Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen haben die beiden 2017 den Arbeitskreis »Kulturwissenschaftliche Zeitschriftenforschung« gegründet. Im daraus hervorgegangenen Eurozine-Dossier »Worlds of Cultural Journals« wurde 2018 ihr Aufsatz »Rechte Hefte. Zeitschriften der alten und neuen Rechten nach 1945« veröffentlicht.
Franziska Thun-Hohenstein: LEIDTRAGENDE KÖRPER
Warlam Schalamow (1907–1982) ist der einzige Schriftsteller in der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts, der dem Körpergedächtnis für sein eigenes Schreiben wie für das menschliche Gedächtnis an sich besonderen Stellenwert beimaß. Nahezu all seine überlieferten Prosatexte und Gedichte sind nach den vierzehn Jahren Gefangenschaft in den Lagern der Kolyma-Region, am Kältepol der Erde, verfasst worden. Alles, was er dort, am »Pol der Grausamkeit« des GULag durchleben musste, hat sich unauslöschlich in sein Gedächtnis wie in seinen Körper eingebrannt. Die Goldgrube der Kolyma, in der die Häftlinge bei Temperaturen bis zu minus 55 Grad arbeiten mussten, ließ den Überlebenden zeitlebens nicht los. Seinen eigenen Erfahrungen entnahm Schalamow ein neues, erschreckendes Wissen über die Verfasstheit des Menschen, über »das Gesetz des Verfalls« ebenso wie über »das Gesetz des Widerstands gegen den Verfall«. Dieses Wissen mit literarischen Mitteln gegen das Vergessen wachzuhalten, hieß vor allem eines: »Wichtig ist das Wiedererwecken des Gefühls.« Eben dieses Heraufholen des damaligen Gefühls ist für ihn die Garantie von Wahrhaftigkeit.
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2019/07/24/franziska-thun-hohenstein-leidtragende-koerper/
Insa Braun: WRESTLING UM WAHRHAFTIGKEIT: Clemens Setz und Christian Kracht
Innerhalb nur eines Jahres haben sich zwei Autoren im deutschsprachigen Literaturbetrieb öffentlich zu Wort gemeldet und der Literaturkritik wie der Literaturwissenschaft eine Lehre erteilt: Christian Kracht und Clemens Setz. Die beiden Reden sollten wir uns merken.
Clara Fischer: TRIVIALITÄT UND ZEUGENSCHAFT: WAS DARF LITERATUR? Ein Gedanke anlässlich des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs 2019
Bei den 43. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt galten in diesem Jahr die hitzigen Debatten nicht den Siegertexten. Diese fallen vor allem in die Kategorien kann man so machen und schön. Eine leidenschaftliche Kontroverse löste hingegen die Lesung Martin Beyers aus: Am Samstagnachmittag gab er als Letzter der Nominierten einen Auszug aus seinem Roman Und ich war da zum Besten, für den er von weiten Teilen der Jury blankes Entsetzen erntete. Der Text, in dem ein Ich-Erzähler als Scharfrichtergeselle des NS-Henkers Johann Reichhart der Exekution von Mitgliedern der Weißen Rose beiwohnt und durch diese Erfahrung moralisch geläutert wird, spart in der Tat nicht mit trivialen Versatzstücken und Motiven. »Abziehbilder« bleiben, wie von der Jury moniert, neben den Geschwistern Scholl auch die Nazis und der Erzähler, ein Geworfener, der sich durch seine artige Reflexion der Geschehnisse in einer zwielichtigen Schuldloszone bewegt.
Maria Kuberg: DRAMA, NACH DER HISTORISIERUNG
Für die Literaturwissenschaft bedeutet Historisierung inzwischen eine nahezu selbstverständliche Übung, wenn es um die Analyse von Diskursen und produktions- oder rezeptionsästhetischen Aspekten in Einzelwerken geht – bei literarischen Gattungen ist sie aber noch immer eine Herausforderung. Die Versuche, die Großgattungen Epik – Lyrik – Dramatik nicht als überzeitliche Grundformen der Dichtung, sondern als geschichtlich wandelbare Konstrukte zu beschreiben, haben nicht selten zum Verschwinden der Gegenstände geführt. So ist etwa das Epos, das freilich ohnehin bis dahin in der deutschsprachigen Literatur nicht recht floriert hatte, mit F. A. Wolffs Annahmen über die historischen Entstehungsbedingungen der antiken Epen und endgültig mit Hegels Bemerkungen über die Archaik und Ursprünglichkeit der epischen Dichtung zu einer Gattung der fernen Vergangenheit degradiert und das Verfassen von modernen Epen zu einem Ding der Unmöglichkeit erklärt worden. Ähnlich ist es, wenn auch wesentlich später, dem modernen Drama ergangen.
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2019/06/11/maria-kuberg-drama-nach-der-historisierung/
Der ZfL BLOG ist 2017 aus dem Arbeitskreis Bloggen in den Geisteswissenschaften am ZfL hervorgegangen. Die Rubrik AD HOC reagiert auf aktuelle Debatten; EINBLICK versammelt Beiträge aus laufenden Forschungsprojekten; LEKTÜREN liefern genau das; SAG MAL! präsentiert die Menschen, die hinter der Forschung stecken. Außerdem enthält der Blog Beiträge zu unseren JAHRESTHEMEN. Die Beiträge des Blogs, die in unregelmäßigen Abständen erscheinen (ca. 30 pro Jahr) stammen vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ZfL, aber auch von Gästen und Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland. Die meisten der Beiträge sind auf Deutsch, einige auf Englisch verfasst.
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