Korrespondenz und Nachleben. Das Briefarchiv Ernst Jüngers
Ernst Jünger (1895–1998) hat ein systematisch angelegtes Briefarchiv mit 130.000 Schriftstücken zusammengetragen, das er in seinem Wohnhaus in Wilflingen aufbewahrte und das heute Teil des Nachlasses im Deutschen Literaturarchiv Marbach ist: ca. 90.000 Briefe an ihn (von etwa 5.000 Verfassern) und ca. 40.000 von ihm in Ab- oder Durchschriften. Die Korrespondenzen haben Bedeutung für die Entstehung und Rezeption der Werke Jüngers sowie die Literatur- und Politikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Sie bilden den dokumentarischen Unterbau der autobiographischen Schriften und Tagebuch-Chroniken, in denen sie oft erwähnt werden. Historischen Quellenwert haben sie über das Werk hinaus, da Jünger als Autor und politischer Akteur über mehrere Jahrzehnte Ansprechpartner unterschiedlicher Personen war.
Ziel des Projekts ist die qualitative Erschließung des Briefarchivs im Rahmen einer Monographie. Darzustellen sind Jüngers postalische Aktivitäten, die Konzeption des Archivs sowie dessen Bedeutung für Werk und Rezeption. Darüber hinaus sollen ausgewählte Korrespondenzen – auch mit kaum bekannten Partnern – ediert werden, um den Quellenwert zu verdeutlichen. Durch archivarische Vorsorge, so die Hypothese, wurde Jünger zum Repräsentanten einer neuen Form von Autorschaft, die sich nach Vorläufern seit dem späten 18. Jahrhundert, unter denen Goethe herausragt, als Folge der Einrichtung von Literaturarchiven etablierte: der des Archivautors. Dieser schreibt nicht nur für die Mitwelt, sondern schafft die dokumentarische Grundlage für die Auseinandersetzung mit seinem Werk durch die Nachgeborenen.
Abb. oben: Briefmarke von 1998 zum Tod von Ernst Jünger
siehe auch
- Kommentierte Edition des Briefwechsels zwischen Ernst und Friedrich Georg Jünger (1908–1977) (Detlev Schöttker, Katja Schicht, Projekt 2023–2025)
- Kommentierte Auswahl-Edition des Briefwechsels zwischen Ernst und Gretha Jünger (1922–1960) (Detlev Schöttker, Anja Keith, Projekt 2020–2021)
Publikationen
Mit Adnoten von Detlev Schöttker
Ernst Jünger: Das Abenteuerliche Herz
Zweite Fassung: Figuren und Capriccios
Mit Adnoten von Detlev Schöttker. Print: 2. Auflage (broschiert), das E-Book basiert auf der 1. Auflage 2013 der Print-Ausgabe.
Ernst Jünger: An der Zeitmauer
Ernst Jünger – Joseph Wulf
Der Briefwechsel 1962–1974
Jünger Debatte
Band 1 (2017): Ernst Jünger und das Judentum
- Ein Forschungsprojekt zu Ernst Jüngers Briefarchiv. Detlev Schöttker im Gespräch, in: ZfL Blog, 15.6.2017
- Detlev Schöttker antwortet auf Fragen von Alexander Pschera, Publizist und Vorsitzender der Ernst und Friedrich Georg Jünger Gesellschaft e.V. Das Interview erschien zuerst im April 2017 auf der Webseite der Ernst und Friedrich Jünger Gesellschaft e.V.
Veranstaltungen
Anja Keith und Detlev Schöttker: Lesung mit Gespräch aus dem Briefwechsel von Ernst Jünger und Joseph Wulf
Potsdam Museum, Am Alten Markt 9, 14467 Potsdam
Ernst Jünger – Joseph Wulf: Der Briefwechsel 1962–1974
Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, Am Großen Wannsee 56-58, 14109 Berlin
Detlev Schöttker: Ernst Jünger und Joseph Wulf. Ein Briefwechsel
NS-Dokumentationszentrum, Brienner Str. 34, 80333 München, Auditorium
Detlev Schöttker: Wer ist Otho? Zur Rolle Brasiliens in Ernst Jüngers »Marmorklippen«
Kloster Heiligkreuztal, Am Münster 7, 88499 Altheim-Heiligkreuztal
Detlev Schöttker: Die Ansichtskarten-Sammlung als Inspirationsquelle bei Walter Benjamin und Ernst Jünger
Kunsthistorisches Institut in Florenz, Max-Planck-Institut, Palazzo Grifoni Budini Gattai, Via dei Servi 51, 50122 Florenz (Italien)
Detlev Schöttker: Fakten und Fiktionen in Ernst Jüngers Tagebüchern
Tongji-Universität Shanghai (China)
Detlev Schöttker: Fortschritt als Katastrophe. Benjamins Jünger-Lektüren im Pariser Exil
Deutsches Seminar der Universität Basel, Nadelberg 4, Raum 3
Medienecho
Rezensionskapitel in: Götz Aly: Unser Nationalsozialismus. Reden in der deutschen Gegenwart, Frankfurt a.M.: S. Fischer 2023, 135–140
Rezension von Bruno Jahn, in: Germanistik – Internationales Referatenorgan mit bibliographischen Hinweisen 62 3–4 (Mai 2022), 1021–1022
Rezension von Aurélia Kalisky, in: H-Soz-Kult, 12.04.2021
Sammelrezension von Wojciech Kunicki, in: Germanica Wratislaviensia 145 (2020): Vergangenheit und Zukunft, 276–285
Rezension von Matthias Schöning, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 139.4 (2020), 632–635
Rezension von Holger Böning, in: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 22 (2020), 202
Rezension von Peter Steinbach, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 6 (2020), 587–590
Radiorezension von Ruthard Stäblein, in: Deutschlandfunk vom 24.01.2019
Rezension von Reinhard Mehring, in: Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXX (2020), 252–253
Rezension von Götz Aly, in: Süddeutsche Zeitung, 18.9.2019
Rezension von Cord-Friedrich Berghahn, in: Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXVIII (2018), H. 3, S. 683–687
Vorabdruck eines Auszugs der Publikation Bantle/Pschera/Schöttker (Hg.): Jünger Debatte Band 1 (2017): Ernst Jünger und das Judentum, in: Beilage Geisteswissenschaften, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.10.2017