Hebräische Literatur als Weltliteratur. Jüdische Schriftsteller als Kritiker der Aufklärung

Die moderne hebräische Literatur verstand sich, beginnend mit der Haskalah-Bewegung, als Erfüllung des Auftrags, Juden zu zivilisieren, zu ›verbessern‹ und zu einem Teil der modernen, europäischen Kultur zu machen. Die darin angelegte Spannung zwischen Literatur als Medium der Aufklärung und ihrem Gegenstand – dem jüdischen Leben – zeigt sich in den Werken von Schriftstellern wie etwa Yosef Perl und S. J. Abramowitch. Die gleiche Spannung hat auch hebräische Schriftsteller späterer Generationen beschäftigt: Joseph Haim Brenner, Uri Nissan Gnessin und Gerschon Schofman. Diese waren vom Paradigma der Aufklärung begeistert und gefangen zugleich und versuchten, Literatur als universelles Medium der Aufklärung mit dem eigenen Ausnahmestatus als Juden in Einklang zu bringen. Die Herausforderung, mit der sich diese Schriftsteller konfrontiert sahen, bestand nicht nur darin, der modernen jüdischen Existenz eine Stimme zu verleihen, sondern die Literatur als Medium zu nutzen, um die Widersprüche im Projekt der Aufklärung offenzulegen.

Zahlreiche Studien haben die Hauptmerkmale der vor diesem Hintergrund entstandenen modernen hebräischen Literatur herausgearbeitet, insbesondere die Themen Selbstverachtung, tragisches Scheitern, Melancholie und soziale Distanzierung. Demgegenüber unterstrich das Forschungsprojekt, wie in den vorgestellten Werken die Schwierigkeiten der Protagonisten zu Tage treten – etwa die Schwierigkeit, sich aufklärerischen Idealen anzupassen bzw. sie zu übernehmen, sowie die Kritik am repressiven Charakter jener Ideale gegenüber neuen Formen von Souveränität, sich verändernden sozialer Strukturen sowie den Neuerungen der Moderne im Allgemeinen.

gefördert durch das Minerva Humanities Center an der Universität Tel Aviv 2015–2018
Leitung: Gal Hertz