Max Leopold Wagner. Eine Biografie im Schnittpunkt von Wissenschafts-, Fach- und Sozialgeschichte
Programm
Max
Leopold Wagner galt Anfang des 20. Jahrhunderts als ein viel
versprechender Romanist, der insbesondere zum Sardischen und zum
Spanischen Pionierarbeiten veröffentlichte. Nachdem er Mitte der 1920er
Jahre die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität verlassen musste,
überlebte er den Krieg in Italien und siedelte später nach Washington
über, wo er 1962 starb. Noch heute werden Wagners linguistische Studien
von Fachleuten geschätzt, das gilt für seine Untersuchungen zum
Judenspanischen ebenso wie denen zu den Sondersprachen. Besondere
Popularität genießt er heute aber vor allem auf Sardinien, wo er als
eine der maßgeblichen Gründungsfiguren der Beschäftigung mit dem
Sardischen gilt.
Bei aller professionellen Wertschätzung ist die
Biographie Wagner nur unzulänglich bekannt, was nicht zuletzt damit
zusammenhängen dürfte, dass Wagner wegen eines "Sittlichkeitsvergehens"
Probleme mit der Justiz hatte. Wagners Homosexualität dürfte zwar unter
seinen Fachkollegen allgemein bekannt geworden sein, eine
vorurteilsfreie Würdigung seiner Lebensleistung wurde dabei aber nicht
unbedingt erleichtert, gilt in der Wissenschaftsgeschichtsschreibung
hier doch nach wie vor ein folgenschweres Tabu. Deshalb konnte bislang
auch nicht reflektiert werden, inwieweit im Falle Wagners
Persönlichkeitsprägung und seine wissenschaftliche Arbeit
zusammenzudenken sind.
Der Workshop hat das Ziel, sich über den Fall Wagner hinaus einer Reihe von Fragestellungen zu widmen:
- fachgeschichtlichen (die Bedeutung Wagners für die Romanistik),
- institutionsgeschichtlichen (die Berliner Romanistik),
- sozialgeschichtlichen (Konnex von Homosexualität, Justiz und Beamtentum),
- epistemologischen (Interdependenz von Persönlichkeitsprägung und wissenschaftlichem Werk)
Fr., 25.2.2011
14.00-15.45
Dirk Naguschewski (ZfL): Max Leopold Wagner – eine Biographie in Bildern
Utz Maas (Osnabrück/Graz): Max Leopold Wagner im Horizont der zeitgenössischen Sprachforschung
Respondent: Jürgen Trabant (IJU Bremen)
16.15-18.00
Jens
Dobler (Schwules Museum, Berlin): Die gesellschaftspolitische und
rechtliche Situation der Homosexuellen in der Weimarer Republik
Marita Keilson-Lauritz (Bussum): Der Minister und die 'Beckerjungen'. Ein durchaus respektvoller Versuch zu Carl Heinrich Becker
Respondent: Michael Becker (Berlin)
Sa., 26.2.2011
9.30-11.15
Christian Klein (Wuppertal): Biographisches Erzählen – theoretische Zugänge und analytische Perspektiven
Sabine Schrader (Innsbruck): Queer studies und die Romanistik – eine Mésalliance?
Respondent: Andrew Johnston (FU Berlin)
11.45-13.30
Johannes Klare (HU Berlin): Max Leopold Wagner und die Romanistik an der Friedrich-Wilhelms-Universität
Winfried Busse (FU Berlin): Max Leopold Wagner und das Judenspanische
Respondent: Karlheinz Barck (ZfL)
15.00-16.45
Dirck Linck (HU Berlin): Außerseiterisches Nachdenken über den 'Außenseiter'
Stefan Willer (ZfL): Person und Personalität in der Wissenschaftsgeschichte
Respondent: Herbert Kopp-Oberstebrink (ZfL)