Feminine Genius: Women's intellectual culture in the 20th century
Program
Zum Vortrag (in englischer Sprache)
Die Werke von
Hannah Arendt, Melanie Klein und Colette stützen und erhellen meine
Arbeit und meine Existenz – im Rhythmus der Zufälle und Notwendigkeiten
eines intellektuellen Lebens – schon seit langem. Die Jahre des
Schreibens an Le génie féminin, jener Trilogie, die ich ihnen
gewidmet habe, gehören nun meiner Vergangenheit an. Während dieser Zeit
war mein Umgang mit den drei Frauen so intensiv, dass es mir jetzt, da
ich diese Arbeit beende, so vorkommt, als habe ich tatsächlich an ihrem
Leben teilgehabt. Zwischen uns sind enge Verbindungen entstanden, sowohl
durch schwesterliche Nähe – in der eine innige Zärtlichkeit mit jenen
unbewussten Projektionen ringt, die eine erotische Anziehung verraten –
als auch durch gereizte Distanzierungen und kritische Zurückweisungen.
Freilich hat in erster Linie eine große Bewunderung für diese drei
Frauen meine Lektüren bestimmt und meine Beschäftigung mit ihren
verschlungenen Abenteuern befördert. Wenn die Leser den Eindruck
bestätigen könnten, der in meinem Umfeld zuweilen geäußert wurde, dass
nämlich die hier vorgeschlagene Interpretation ein Ausdruck großzügigen
Denkens sei, dann wäre das das schönste Geschenk, das Arendt, Klein und
Colette mir gemacht haben: etwas zu offenbaren, das die Härte des Lebens
nicht immer zu zeigen erlaubt.
Die provozierende Übertreibung,
die dem Begriff "Genie" eigen ist, war der rote Faden meiner Arbeit. Er
half mir bei der Entzifferung der Überschreitungen, die diese drei
Frauen in ihren jeweiligen Feldern unternommen haben (politische
Philosophie, Psychoanalyse, Literatur) und die zu vergleichbaren
Überschreitungen einladen mögen, wenn man ihren Kämpfen und
Fortschritten folgt und dabei die eigenen schärft. Denn ich bin davon
überzeugt, dass die Verwirklichung der Menschenrechte im Ideal des
mittelalterlichen Philosophen Duns Scotus besteht, das unsere Epoche
nunmehr verwirklichen kann: aufmerksam zu sein für die Diesheit (die haecceitas),
sich um die Entfaltung unserer Einzigartigkeit zu bemühen, für das
Eintreten des 'Jemand' ins Beliebige zu sorgen (des 'qui' ins
'quelconque'). Das "Genie" ist in einem bestimmten historischen Moment
die komplexeste, verführerischste, fruchtbarste Version dieser
Einzigartigkeit, und nur auf diese Weise schreibt es sich in die Zeit
und ins Universelle ein.