Mittwochsvortrag
15 May 2013 · 7.00 pm

Wolfgang Schäffner: Euklid-Maschinen. Zur Geschichte und Theorie des analogen Codes

Venue: ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et., Trajekte-Tagungsraum

Program

Zum Vortrag
Längst haben wir die digitale Revolution des Wissens des 20. Jahrhunderts als Herausforderung für alle Wissenschaften angenommen. Dies ermöglicht nicht nur die Gestaltung neuer Wissensarchitekturen, sondern eröffnet auch neue Perspektiven für eine Geschichte des Wissens. So hat die moderne Begriffsunterscheidung digital/analog einen sehr alten Vorläufer, der in der Antike Buchstaben und Zahlen von den geometrischen Größen trennte. Die diskreten Elemente des digitalen Codes stehen einer Welt des Analogen gegenüber, die auf kontinuierlichen Größen basiert. Während die Null, der digitale Code, seine Geschichte und kulturellen Effekte in vielfältiger Weise untersucht werden, fehlen entsprechende Analysen des Punktes als dem Basisoperator des analogen Codes. In diese Lücke einer wissens- und medienhistorischen Analyse des Analogen situieren sich diese Ausführungen über Euklid-Maschinen, die einen Einblick in die ebenso lange wie dramatische Geschichte des analogen Codes zu geben versuchen: Die Geometrie, die mit Euklids Elementen ihren exemplarische antike Ausformung gefunden hatte, bildet den entscheidenden Schauplatz eines Codes kontinuierlicher Größen, der die Geschichte Europas und damit auch unser Wissen, wie kaum ein anderer geprägt hat.

Zur Person
Wolfgang Schäffner ist seit 2009 Professor für Wissens- und Kulturgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin; er ist dort auch Sprecher des Interdisziplinären Labors „Bild Wissen Gestaltung“ (Exzellenzcluster). Außerdem ist er Profesor invitado permanente und Direktor des Walter-Gropius-Forschungsprogramms an der Universidad de Buenos Aires. Von 2000–2002 war er Mitarbeiter im ZfL-Projekt „EUROPA. Aufschreibesysteme aus Codes, Medien und Künsten (15.–18.Jh.)“. Seine Forschungs­schwerpunkte: Geschichte und Theorie von Strukturen und geo­metrischen Operationen, Architekturen des Wissens und Interdisziplinäres Design des Wissens.

Publikationen (Auswahl)

  • Punkt 0.1. Zur Genese des analogen Codes in der Frühen Neuzeit (Berlin/Zürich, im Druck)
  • Un Colón para los Datos. Humboldt y el Diseño del Saber (Mithg., Buenos Aires 2008)
  • Electric Laokoon. Zeichen und Medien von der Lochkarte zur Grammatologie (Mithg., Berlin 2007)
  • »Der liebe Gott steckt im Detail«. Mikrostrukturen des Wissens (Mithg., München 2003).