Serialität
Program
Veranstaltung in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik und dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte
Nachfragen bitte an Herrn Bernhard Dotzler, Tel.: 20 19 21 89 oder per Email: dotzler@zfl-berlin.org
Programm
- Julia Voss (MPI): Die Serie als Bildformel der Evolution
- Christine Blättler (ZfL): Tableau und Transformation, Lamarcks Serienmuster
- Jörn Münkner (HZK): Frühformen des Seriellen in illustrierten Flugblättern der Frühen Neuzeit
- Inge Münz-Koenen (ZfL): Serialität als künstlerisches Verfahren
Serie
kommt vom lateinischen series und meint "Kette, Reihe, Folge".
Etymologisch ist Serie mit serere der "Verknüpfung" verwandt.
Serielle
Wiederholungen spielen für die Bildung und Identifizierung ähnlicher
Elemente und Muster eine Rolle. Als Methode wird Serialität etwa in der
medizinischen, psychiatrischen oder kriminologischen Fotografie
verwandt. Die Aufnahmeverfahren bildeten standardisierte
Darstellungsmuster aus, welche Identifizierungen, Klassifizierungen und
Wiedererkennbarkeit beförderten.
Serien und serielle Strukturen sind
nicht erst mit oder durch die moderne industrielle Fertigungstechnik
entstanden und sind nicht allein Phänomene des 19. und 20. Jahrhundert.
So wird die Serie auch in naturphilosophischen und metaphysischen Texten
als hierarchische Kette von Wesenheiten (teils Lebewesen) seit der
Antike thematisiert. Konjunktur hat die Serie im 17. und 18. Jh.; in der
Form des Tableaus ist sie als Ordnungsmuster für die Episteme der
Klassik überhaupt zentral (Foucault), nicht nur in der
naturgeschichtlichen Taxinomie. Später wird die Serie im Bereich der
Biologie für die Visualisierung von Transformation, Evolution und
schließlich Klonierung verwendet.
Serialität als methodisches
Verfahren spielt auch für die Kunst der Moderne und insbesondere der
Postmoderne eine bedeutende Rolle. "Serial order is a method, not a
style". Mit diesem Satz begann der Künstler, Kurator und Kritiker Mel
Bochner seinen Artikel The Serial Attitude, der die von ihm 1967
kuratierte Ausstellung Art in Series methodisch fundierte. Für Gilles
Deleuze zeigt gerade serielle Kunst der Philosophie einen Weg aus dem in
Repräsentation gefangenen Denken heraus; er selbst praktiziert ein
Denken, das auf einer komplexen Strategie der Serie beruht und sich in
immer schon differenten Wiederholungen realisiert (Différence et
répétition 1968, Logique du sens 1969).
Ein Interesse an der
seriellen Logik zeichnete insbesondere die künstlerische Produktion seit
den späten 50er Jahren aus und verband sich mit der Abwertung der
individuellen Herstellung. Die Verwendung von Materialien der
industriellen Herstellung, von Darstellungsweisen der Mathematik, der
Kartografie und der Linguistik sowie die divergente Wiederholung eines
Systems als objektkonstituierendes Verfahren bildeten zudem eine
ablehnende Reaktion auf den abstrakten Expressionismus und seinen
einflußreichsten Theoretiker Clement Greenberg.
Gefördert wurde das
Interesse an seriellen Verfahren auch durch technische Medien. In den
sechziger Jahren formulierte Marshall McLuhan die These, daß die
instantane Technik elektronischer Medien die Linearität, die durch das
Alphabet und den Buchdruck gefördert worden sei und die unser Denken
strukturiere, in ein Nebeneinander und in eine Gleichzeitigkeit
transformiere. Der von McLuhan konstatierte medienkulturelle Umbruch
kann durch die Figuren der Reihe und des Netzes beschrieben werden.