Epistemologie der Aufzeichungsapparate. Von der Hämodynamik zur Medienphysik
Programm
In der Wissenschaftsgeschichtsschreibung sind die graphischen Methoden
vor allem als Repräsentations- und Darstellungsformen untersucht worden.
Dadurch erlitten sie eine verharmlosende Reduzierung auf ihren
anschaulichen Anteil. Ursache dieser Abstraktion ist nicht zuletzt
Étienne-Jules Mareys eigene Epistemologisierung der graphischen
Methoden, mit der er sie zum Kern symbolischer Darstellungsformen
erklärte, die von Karten über statistische Kurven und Fahrplanlogiken
bis zur Photographie reichen.
Erkauft wurde diese Einseitigkeit
historischer Rekonstruktionen durch die Vernachlässigung der
Komponenten, aus denen die Registrierapparate bestehen. Man ließ sich
durch Bilder verleiten, deutete Kurven als bildähnliche Zeichen und
verschmähte dabei den physikalischen Unterbau der Kurvenproduktion, zu
dem Sensoren, Registratoren, Transkriptoren und Inskriptoren gehören.
Die
Tagung ist dazu bestimmt, die latente oder verdrängte Physik der
graphischen Methoden wieder bewußt zu machen. Dies erfordert eine
Geneaologie anderer Machart – eine Genealogie der Maschinenkomponenten,
die, wie Module, je nach Zwecksetzung unterschiedliche Vernetzungen
unterworfen wurden und die ihrerseits aus Unterkomponenten bestanden,
deren Eigenschaften darüber entschieden, was in Selbsteinschreibungen
fixierbar war. Die andere Geneaologie der Selbsteinschreibungsverfahren
schaltet also von der Seite des Outputs (Kurven und andere graphische
Spuren, Bilder und dergleichen) zur Seite der Inputsequenzierung um: zum
Kontakt, zur Übertragung von Impulsen, zu mechanischen Codierungs- und
Decodierungssequezen und dergleichen.
PROGRAMM (vorläufig)
Freitag, 12. November 2004
10:00 – 10:30 Uhr
Begrüßung
10:30 – 12:00 Uhr
Christian Kassung: Wie die Phänomene die Natur verließen. Der 'Anémomètre à pendule' Pajot d'Ons-en-Brays
14:00 – 15:30 Uhr
Alexandre Métraux: v = ∞ oder: Vom Schlauch der Selbsteinschreibungsmaschinen
16:00 – 17:30 Uhr
Stefan Rieger: Die Form der Kurve
Samstag, 13. November
10:00 – 11:30 Uhr
Peter Berz: Der Schluß und das Offene. Machinale versus animale Bewegungsmedien
12:00 – 13:30 Uhr
Wolfgang Schäffner: Kontakt – Bewegung – Linie. Vom Mechanischen zum Symbolischen
15:00 – 16:30 Uhr
Armin Schäfer: Von der Symboldeutung zur mechanischen Aufzeichnung: Emil Kraepelins Schriftwaage