Workshop
12 Nov 2004 – 13 Nov 2004 · 10.00 am

Epistemologie der Aufzeichungsapparate. Von der Hämodynamik zur Medienphysik

Venue: Zentrum für Literaturforschung, Jägerstr. 10/11, 10117 Berlin; R. 01
Contact: Sabine Flach

Program

In der Wissenschaftsgeschichtsschreibung sind die graphischen Methoden vor allem als Repräsentations- und Darstellungsformen untersucht worden. Dadurch erlitten sie eine verharmlosende Reduzierung auf ihren anschaulichen Anteil. Ursache dieser Abstraktion ist nicht zuletzt Étienne-Jules Mareys eigene Epistemologisierung der graphischen Methoden, mit der er sie zum Kern symbolischer Darstellungsformen erklärte, die von Karten über statistische Kurven und Fahrplanlogiken bis zur Photographie reichen.
Erkauft wurde diese Einseitigkeit historischer Rekonstruktionen durch die Vernachlässigung der Komponenten, aus denen die Registrierapparate bestehen. Man ließ sich durch Bilder verleiten, deutete Kurven als bildähnliche Zeichen und verschmähte dabei den physikalischen Unterbau der Kurvenproduktion, zu dem Sensoren, Registratoren, Transkriptoren und Inskriptoren gehören.
Die Tagung ist dazu bestimmt, die latente oder verdrängte Physik der graphischen Methoden wieder bewußt zu machen. Dies erfordert eine Geneaologie anderer Machart – eine Genealogie der Maschinenkomponenten, die, wie Module, je nach Zwecksetzung unterschiedliche Vernetzungen unterworfen wurden und die ihrerseits aus Unterkomponenten bestanden, deren Eigenschaften darüber entschieden, was in Selbsteinschreibungen fixierbar war. Die andere Geneaologie der Selbsteinschreibungsverfahren schaltet also von der Seite des Outputs (Kurven und andere graphische Spuren, Bilder und dergleichen) zur Seite der Inputsequenzierung um: zum Kontakt, zur Übertragung von Impulsen, zu mechanischen Codierungs- und Decodierungssequezen und dergleichen.

PROGRAMM (vorläufig)

Freitag, 12. November 2004

10:00 – 10:30 Uhr
Begrüßung

10:30 – 12:00 Uhr
Christian Kassung: Wie die Phänomene die Natur verließen. Der 'Anémomètre à pendule' Pajot d'Ons-en-Brays

14:00 – 15:30 Uhr
Alexandre Métraux: v = ∞ oder: Vom Schlauch der Selbsteinschreibungsmaschinen

16:00 – 17:30 Uhr
Stefan Rieger: Die Form der Kurve

Samstag, 13. November

10:00 – 11:30 Uhr
Peter Berz: Der Schluß und das Offene. Machinale versus animale Bewegungsmedien

12:00 – 13:30 Uhr
Wolfgang Schäffner: Kontakt – Bewegung – Linie. Vom Mechanischen zum Symbolischen

15:00 – 16:30 Uhr
Armin Schäfer: Von der Symboldeutung zur mechanischen Aufzeichnung: Emil Kraepelins Schriftwaage