Johann Gottlieb Fichte – Transzendentale Logik und gesellschaftlicher Fortschritt
Gespräch in der Reihe »Philosophische Gespräche« im Helle Panke e.V. mit Gerd Irrlitz, Moderation: Falko Schmieder
In der theoretischen Abfolge der klassischen deutschen Philosophie von Chr. Wolff, Kant, Fichte, Schelling, Hegel bis zu Ludwig Feuerbach hatte Fichte den Intellektualismus als die elementare Logik unserer praktischen Aktivität gefasst. Wir versichern uns der möglichen universellen Geltung unserer praktischen Zielsetzungen auf der Basis der generellen Logik unserer Aussagen. Dieser Intellektualismus bilde allemal das Korrektiv von Praxis und trage damit deren Perfektibilisierung. Logische Setzungen bilden das Muster korrekter Handlungen, in denen Zielstellung und Resultat einander entsprechen. Die aufklärerische Verbindung von Fortschritt des Wissens und des Lebens der Gesellschaft war damit in der logischen Struktur von Aussagen gefasst. Die Beziehung von Ich und Gegenständlichkeit vollziehe sich stets innerhalb der Universalität unserer Denkakte. Dazu tritt bei Fichte das Willenselement, sich als Mensch überhaupt durch Aussagen zu bekennen. Fichte führte das aufklärerische Denken zum Grundsatz, dass die logischen Setzungen zugleich soziale Akte mit vereinigender Tendenz seien. Gesellschaftlicher Fortschritt wurde damit als eine Konsequenz logischer Intersubjektivität begründet. Dieses Prinzip der Fichteschen Wissenschaftslehre trug verfassungsrechtlich den Republikanismus innerhalb des monarchischen Formalismus und sozialtheoretisch die Ökonomie des »Geschlossenen Handelsstaates«. Fichte führte das auch zu einer philosophischen Religionslehre, in der der Gottesbegriff im Prinzip unserer Verständigungsmöglichkeit über praktische Akte begründet wird. So war auch Fichtes Bemühen um Verständigung zwischen Intellektuellen, zwischen Lehrenden und studentischer Jugend, letztlich zwischen monarchischer Herrschaft und Volk im philosophischen Grundsatz der Wissenschaftslehre begründet. Das trägt auch den entschiedenen Charakter dieses aus einer bescheidenen Weberfamilie stammenden patriotischen Philosophen.
Kosten: 2 Euro
Gerd Irrlitz, geboren 1935 in Leipzig, war Schüler und studentischer Hilfsassistent bei Ernst Bloch, später tätig an der Akademie der Wissenschaften und der Humboldt-Universität zu Berlin, hier zuletzt von 1993 bis 2000 als Professor für Philosophische Propädeutik und Geschichte der Philosophie.
Der Kulturwissenschaftler Falko Schmieder ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt Das 20. Jahrhundert in Grundbegriffen. Lexikon zur historischen Semantik in Deutschland am ZfL; Veröffentlichung u.a.: Begriffsgeschichte und historische Semantik. Ein kritisches Kompendium, Berlin: Suhrkamp 2016.