Politische Semantik in der DDR
Fast die Hälfte des 20. Jahrhunderts war die deutsche Geschichte eine der getrennten Staatlichkeit. Vor diesem Hintergrund sieht das am ZfL erarbeitete Konzept für Das 20. Jahrhundert in Grundbegriffen. Lexikon zur historischen Semantik in Deutschland eine wichtige Dimension seines Unternehmens darin, auch die Sprache der DDR in die Untersuchung miteinzubeziehen und die aufeinander bezogenen Sprachentwicklungen der in den Ost-West-Konflikt verwickelten Staaten BRD und DDR näher zu beleuchten.
Viele der bereits fertigen Artikel des Lexikons zeigen, dass dieser Anspruch nicht leicht zu realisieren ist. Der Wendepunkt 1989 verführt dazu, den Einfluss des Kalten Krieges auf die Geschichte vieler Begriffe zu unterschätzen, sie nicht in ihrer Offenheit und brisanten Umstrittenheit zu sehen, sondern rückwirkend in einer Siegergeschichte westlicher Diskurse zu nivellieren. In dem Workshop wollen wir die Behandlung der politischen Semantik in der DDR in den Mittelpunkt rücken. Einen Schwerpunkt bilden solche Begriffe, die entweder im Kalten Krieg besonders umstritten waren oder im Untersuchungszeitraum vor allem in der DDR als Grundbegriffe galten. Darüber hinaus geht es aber auch um Fragen zur Methodik, Forschungsgeschichte und Quellenerschließung.
Programm
Donnerstag, 11.12.2025
14.00
- Ernst Müller, Falko Schmieder (ZfL): Zur Einführung
- Vincent von Wroblewsky (Paris/Berlin): Das Volk – wer ist das?
- Isabella Ferron (Università degli Studi di Modena e Reggio Emilia): Nation/Nationalismus
17.00
- Simon Specht (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam): Eine »gesetzmäßige, objektive Höherentwicklung«: ›Fortschritt‹ als Verheißung und Vergewisserung in der politischen Sprache der DDR
- Uwe Lindemann (Ruhr-Universität Bochum): Konsum, Verbraucher, Konsument. Über eine begriffliche Leerstelle in der politisch-ökonomischen Sprache der DDR
Freitag, 12.12.2025
10.00
- Peer Pasternack (Institut für Hochschulforschung, Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg): Jargon und Decodierung. Gesellschaftswissenschaftliche Formulierungsweisen in der DDR
- Peter Sandner (Wiesbaden): Linguistische Forschung zur Sprache in der DDR. Die Untersuchungen von Horst Dieter Schlosser aus Frankfurt am Main in den 1980er Jahren
12.30
- Christian Mathieu, Anna Jehle (Staatsbibliothek zu Berlin): Digitalisierung in ihrem Lauf... Zur virtuellen Zugänglichmachung von (verlegten) Quellenwerken aus der SBZ/DDR im Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin
- Armin Schneider (Brown University): 89/90 – die Wende?