ZfL INFO 17/2020: Aktuelle Beiträge im ZfL BLOG
AKTUELLE BEITRÄGE IM ZfL BLOG
- Zaal Andronikashvili über die Kirche in der Corona-Krise in Georgien (21.04.2020)
- Claude Haas liest neue Heroismus-Bücher vor dem Hintergrund der Corona-Krise (14.04.2020)
- Eva Geulen über Gutachten in den Geistes- und Kulturwissenschaften (07.04.2020)
- Henning Trüper über Unsouveränität in der Pandemie (24.03.2020)
Zaal Andronikashvili: Die Ausnahme vom Ausnahmezustand: DIE CORONA-KRISE IN GEORGIEN
Blickte Carl Schmitt dieser Tage auf Georgien, so müsste er seinen berühmten Anfangssatz aus dem dritten Kapitel der Politischen Theologie ändern. Statt »Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet«, müsste es heißen: Souverän ist, wer sich dem Ausnahmezustand nicht beugt. Denn die Georgische Orthodoxe Kirche hat erklärt, sich notfalls über alle vom Staat im Zusammenhang mit der Corona-Krise verhängten Beschränkungen hinwegzusetzen, um Liturgien und vor allem die Kommunion feiern zu können – so geschehen bei den Ostermessen am letzten Sonntag.
Claude Haas: Heldenpandemie oder Pandemiehelden? BEMERKUNGEN ZUR NEUESTEN HEROISMUSFORSCHUNG
›Corona-Helden‹: Sinn und Unsinn
Wie in trüben Zeiten üblich, schießen Helden*innen im Augenblick wie Pilze aus dem Boden. Vor allem die Bild-Zeitung ruft seit Wochen unablässig neue »Corona-Helden« aus. In ihrer Onlineausgabe mitunter mehrmals täglich. Die restliche Presse zog bald nach. Der Verbreitung des Virus konnten die vielen Helden und die sie kürenden Instanzen freilich von Anfang an nicht hinterherkommen. Das ist schlecht. Denn Helden sind herkömmlichen Vorstellungen zufolge eher zu schnell als zu langsam und ihre Wirkmacht hängt davon ab, dass es nur wenige von ihnen gibt. Zwar ist die Inflation des Heldentitels eine feste Signatur der Moderne, doch verrät sie stets, dass die Zeit der ›echten‹ Helden und ihrer weltbewegenden Taten schon lange vorbei ist – wenn es sie außerhalb der Literatur denn überhaupt je gegeben hat. Je mehr Helden man in nächster Zeit ans Licht zerrt, desto weniger werden sie am Ende ausgerichtet haben.
Eva Geulen: GEHEIMNIS GUTACHTEN (MIT HINWEISEN)
Es ist nicht absehbar, was die Corona-Krise einmal alles zu verantworten haben wird. Zu den Dingen, von denen man behauptet, dass sie ›nicht mehr so sein werden wie vorher‹, könnte die Präsenzlehre an den Universitäten gehören. Gemessen an anderen Vorstellungen, wie etwa dem vorbeugenden Einsatz biometrischer Überwachung aller, wäre das ein kleineres Übel. Hier wie dort gilt jedoch: Sind bestimmte Praktiken erst einmal, sei es auch temporär und zwangsweise, eingeführt, dann kann daraus rasch Alltag werden. Die universitäre Lehre betreffend wäre es dann vorbei mit dem, was Heidegger einmal raunend das »Geheimnis des Seminars« genannt hat.
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2020/04/07/eva-geulen-geheimnis-gutachten-mit-hinweisen/
Henning Trüper: UNSOUVERÄNITÄT IN DER PANDEMIE
Mögen die mikrobiologischen Entdeckungen der Moderne den Begriff der »Ansteckung« auch grundsätzlich verändert haben, die Angst davor ist alt. Schon in der Antike gab sie Anlass zu satirischer Gestaltung. Dem spätantiken Schriftsteller Lukian von Samosata zufolge war in der Stadt Abdera in Thrakien, Heimatort des Philosophen Demokrit und anderer Atomisten, einst ein epidemisches Fieber ausgebrochen, das alle Bewohner veranlasste, nurmehr in Versen zu sprechen und sich für die Figuren einer Tragödie zu halten. Das Theater ließ sich nicht mehr auf das Theater begrenzen. Es ist wohl diese Anekdote, die hauptsächlich für den Ruf Abderas als Stadt der Narren verantwortlich war.
(Eine italienische Fassung des Beitrags erschien am 19. April 2020 auf Visione del tragico mit einer Einleitung der Übersetzerin Sotera Fornaro.)
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2020/03/24/henning-trueper-unsouveraenitaet-in-der-pandemie/
Der ZfL BLOG ist 2017 aus dem Arbeitskreis Bloggen in den Geisteswissenschaften am ZfL hervorgegangen. Die Rubrik AD HOC reagiert auf aktuelle Debatten; EINBLICK versammelt Beiträge aus laufenden Forschungsprojekten; LEKTÜREN liefern genau das; SAG MAL! präsentiert die Menschen, die hinter der Forschung stecken. Außerdem enthält der Blog Beiträge zu unseren JAHRESTHEMEN. Die Beiträge des Blogs, die in unregelmäßigen Abständen erscheinen (ca. 30 pro Jahr) stammen vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ZfL, aber auch von Gästen und Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland. Die meisten der Beiträge sind auf Deutsch, einige auf Englisch verfasst.
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