Aitiologien in den Wirklichkeitserzählungen der Naturwissenschaften: Zur epistemischen Funktion von Ursprungs(re)konstruktionen
In dem Projekt sollen die weit verbreiteten aitiologischen Verfahren der historischen Naturwissenschaften untersucht werden, in denen Gegenwärtiges über die Darstellung historischer Verläufe, einschließlich des Konstruierens und Rekonstruierens von signifikanten Anfangspunkten von Entwicklungen, verstanden und erklärt wird. Ziel ist es insbesondere, die erklärenden Evolutionserzählungen in den Biowissenschaften hinsichtlich ihrer Begriffe, Bilder, Verfahren und Instrumentalisierungen sowie der epistemischen Funktionen und des fiktionalen Status der Ursprungsstrukturen zu analysieren. Gefragt werden soll nach der empirischen Zugänglichkeit der postulierten Ursprünge, ihrem kontrollierten fiktiven Gehalt, ihrer narrativen Einbindung und explanativen Reichweite. Dabei soll das Spezifische der naturwissenschaftlichen Aitiologien und ihre Differenz zu kulturellen Mythen und Ideologien bestimmt werden. Ein Ziel des Projekts ist es dabei schließlich auch, am Beispiel der Aitiologien das Wechselspiel und Ineinander von Fiktionalität und Faktizität, Konstruktion und Rekonstruktion, Narration und Explanation in den historischen Lebenswissenschaften zu untersuchen. Die grundlegende Hypothese lautet, dass der Konstruktion eines Ursprungs in den Argumentationen der historischen Naturwissenschaften eine ähnliche, das Mannigfaltige der Erscheinungen ordnende und vereinheitlichende Funktion zukommt wie den Gesetzen in den nomologischen Naturwissenschaften.
Das Projekt ist Teil der DFG-Forschungsgruppe »Aitiologien: Figuren und Funktionen begründenden Erzählens in Wissenschaft und Literatur«, die das Konzept der Aitiologie interdisziplinär fruchtbar machen möchte. Dafür werden Schöpfungserzählungen, literarische und wissenschaftliche Urszenen sowie politische Gründungsnarrative mit Blick auf ihre jeweiligen Rhetoriken untersucht.
Im Rahmen dieses Projektes wird eine Stelle ausgeschrieben.