AKTUELLE BEITRÄGE IM ZfL BLOG
- David Anderson unterzieht Rushdies Midnight Children und Süskinds Parfüm einer Relektüre (20.6.2022)
- Moritz Neuffer und Morten Paul betrachten das Verhältnis von Zeitschriften und Öffentlichkeit in der frühen BRD (9.6.2022)
- Oliver Precht fragt, ob es eine »Brazilian Theory« gibt (1.6.2022)
- Leander Scholz denkt über symbiotische Existenzen nach (23.5.2022)
- Maud Meyzaud betrachtet mit Al-Andalus eine Gegenwelt inmitten Europas (13.5.2022)
David Anderson: ‘Novel-seeming goods’: RE-READING SALMAN RUSHDIE’S ‘MIDNIGHT’S CHILDREN’ AND PATRICK SÜSKIND’S ‘DAS PARFUM’ 40 YEARS LATER
In a 1984 essay, the American critic Fredric Jameson famously diagnosed postmodernism to be ‘the cultural logic of late capitalism’. Among its distinguishing features was a new mode of ‘aesthetic populism’ grounded in an
effacement […] of the older (essentially high-modernist) frontier between high culture and so-called mass or commercial culture, and the emergence of new kinds of texts infused with the forms, categories and contents of that very Culture Industry so passionately denounced by all the ideologues of the modern.
A new alignment between the twin spheres of culture and the marketplace meant that ‘aesthetic production today has become integrated into commodity production generally’. Wherever one looked, one saw ‘the frantic economic urgency of producing fresh waves of ever more novel-seeming goods (from clothing to airplanes), at ever greater waves of turnover’ (Jameson, p. 56).
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2022/06/20/david-anderson-novel-seeming-goods-re-reading-salman-rushdies-midnights-children-and-patrick-sueskinds-das-parfum-40/
Moritz Neuffer/Morten Paul: Periodische Formgebung. ZEITSCHRIFTEN UND ÖFFENTLICHKEIT IN DER FRÜHEN BUNDESREPUBLIK
In der Geschichte moderner Gesellschaften sind Zeitschriften und Öffentlichkeit so eng aufeinander bezogen, dass sie nahezu synonym erscheinen. Schließlich soll Öffentlichkeit derjenige Raum sein, in dem freie Menschen sich als Gleiche begegnen und über Belange kommunizieren, die von allgemeinem Interesse sind. In Gemeinwesen, in denen gesellschaftliche Auseinandersetzung und Selbstvergewisserung nicht durch unmittelbaren Kontakt garantiert sind, helfen Zeitschriften dabei, Öffentlichkeit – oder ausdifferenzierte Teilöffentlichkeiten – herzustellen. Sie tun dies, indem sie Texte und Bilder, Gattungen und Disziplinen, Stimmen und Stimmungen versammeln und bündeln, und indem sie in mal mehr, mal weniger regelmäßiger Folge öffentlichen Austausch auf Dauer stellen.
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2022/06/09/moritz-neuffer-morten-paul-periodische-formgebung-zeitschriften-und-oeffentlichkeit-in-der-fruehen-bundesrepublik/
Oliver Precht: GIBT ES EINE »BRAZILIAN THEORY«?
Leicht lässt sich das Nachträgliche und Artifizielle an Konstruktionen wie French Theory (oder in jüngerer Zeit auch Italian Theory) herausstellen: Sie unterstellen eine Einheit, wo es keine gibt, scheren Theoretiker*innen verschiedenster Hintergründe und mit unterschiedlichsten Interessen über einen Kamm. Dennoch bietet die Rede von einer French Theory – im Gegensatz zu den ebenfalls außerhalb von Frankreich entstandenen und popularisierten Sammelbegriffen Poststrukturalismus oder Postmoderne – einige Vorteile. Sie verpflichtet die disparaten Theorien erstens nicht auf ein gemeinsames Programm und verweist zweitens darauf, dass die Produktion von Theorie an einem bestimmten Ort geschieht, in diesem Fall im Frankreich der 1960er und 1970er Jahre, und ihre Entstehung an einen gesellschaftlich-politischen Kontext sowie an institutionelle Rahmenbedingungen gebunden ist. In jüngerer Vergangenheit drängt sich zunehmend die Frage nach einer möglichen Brazilian Theory auf. Bereits 2014 erschien in Deutschland, allerdings in englischer Sprache, unter dem Titel The Forest and the School eine erste Anthologie. In den folgenden Jahren nahm das Interesse an Theorie aus (und über) Brasilien spürbar zu, was sich nicht zuletzt in einer Reihe von Übersetzungen niederschlug. Als Timo Luks diese Entwicklung 2020 unter dem Titel »Brasilianische Interventionen« im Merkur reflektierte, konnte er bereits feststellen: »Brasilen ist Gegenstand unseres Nachdenkens und Provokation für unser Denken«. Selbst von einer sich andeutenden »Brasilianisierung der Theorie« ist hier die Rede.
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2022/06/01/oliver-precht-gibt-es-eine-brazilian-theory/
Leander Scholz: SYMBIOTISCHE EXISTENZEN – ZUR GESCHICHTE DES ÖKOLOGISCHEN IMAGINÄREN
Am zweiten Wochenende des Oktobers 1913 versammelten sich weit über zweitausend junge Frauen und Männer auf dem Hohen Meißner in Hessen. Eingeladen zu diesem Treffen hatte eine lose Vereinigung von Jugendbünden, die den patriotischen Auswüchsen des Kaiserreichs etwas entgegensetzen wollten. Denn im gleichen Monat fanden die offiziellen Festakte zum hundertjährigen Jubiläum der sogenannten Völkerschlacht bei Leipzig statt, in der die napoleonischen Truppen ihre entscheidende Niederlage erlitten hatten. Anlässlich des Rückblicks auf dieses historische Ereignis sollte ein monumentales Denkmal eingeweiht werden.
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2022/05/23/leander-scholz-symbiotische-existenzen-zur-geschichte-des-oekologischen-imaginaeren/
Maud Meyzaud: AL-ANDALUS – EINE GEGENWELT INMITTEN EUROPAS
Noch in den 1980er Jahren stand in französischen Geschichtslehrbüchern dieser Satz: »732: Charles Martel arrête les Arabes à Poitiers.« Wie konnte ein Mann namens Charles Martel im Alleingang so viele Menschen aufhalten, mag sich so manches Schulkind gefragt haben. Und was machten die sogenannten Araber überhaupt im tiefen französischen Westen? Der Satz über die Schlacht von Poitiers fand im 19. Jahrhundert Eingang in Unterrichtsmaterialien, als die Kolonialpolitik Frankreichs sich auf den Maghreb ausdehnte. Er brachte die mutmaßliche Überlegenheit des Westens über die vermeintlich rückständige islamische Welt zum Ausdruck und fügte sich somit nahtlos in jenen Orient-Diskurs ein, den Edward Said in seinem grundlegenden Werk Orientalism analysiert hat. So erklärt sich auch, dass der Satz in Algerien noch während des Unabhängigkeitskriegs 1954–1962 von den einheimischen Kindern auswendig gelernt werden musste.
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2022/05/13/maud-meyzaud-al-andalus-eine-gegenwelt-inmitten-europas/
Der ZfL BLOG ist 2017 aus dem Arbeitskreis Bloggen in den Geisteswissenschaften am ZfL hervorgegangen. Die Rubrik AD HOC reagiert auf aktuelle Debatten; EINBLICK versammelt Beiträge aus laufenden Forschungsprojekten; LEKTÜREN liefern genau das; SAG MAL! präsentiert die Menschen, die hinter der Forschung stecken. Außerdem enthält der Blog Beiträge zu unseren JAHRESTHEMEN. Die Beiträge des Blogs, die in unregelmäßigen Abständen erscheinen (ca. 30 pro Jahr) stammen vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ZfL, aber auch von Gästen und Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland. Die meisten der Beiträge sind auf Deutsch, einige auf Englisch verfasst.
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