ZfL INFO 65/2021: Geschwisterlichkeit
Geschwisterlichkeit. Ästhetische Gegenentwürfe zum Bruderbund und zur patrilinearen Genealogie der Gemeinschaft
Am Ausgangspunkt des geplanten Workshops stehen ästhetische Artikulationsformen und imaginäre Konstellationen der Geschwisterlichkeit, so wie sie sich anhand von und gegen die christlich geprägte und durch die Französische Revolution adaptierte Formel der Brüderlichkeit in frühsozialistischen Bewegungen entwickelt haben. Was passiert mit der Schwester im sozialen Band der Brüder? Kann der politische Neuanfang Mutterschaft einschließen? Muss Geschwisterlichkeit von der Familie aus gedacht werden? Verlangt dann die nichtfamiliale Geschwisterlichkeit nach einer eigenen Ästhetik? Welche alternativen Semantiken und nichtgenealogischen Figurationen der politischen Gemeinschaftlichkeit lassen sich ausgehend von Kindern oder von Tieren entwerfen?
Diesen Fragen will der geplante Workshop nachgehen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt liegt dabei auf feministischen Gegenentwürfen zur (heiligen) Gemeinschaft der Brüder vom Frühsozialismus bis zur Pariser Kommune. Darüber hinaus sollen Querverbindungen zu anderen historisch-geographischen Schauplätzen und epistemischen Feldern hergestellt werden: unter anderem zur egalitären Gemeinschaft in der marronage und in den Quilombos ehemals Versklavter, zu den Frauen der haitianischen Revolution, zur Geschwisterlichkeit als epistemologischer Kategorie im 19. Jahrhundert, zu Kindern und Tieren in der Psychoanalyse sowie zur Gemeinschaftlichkeit von menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen in der brasilianischen Ethnologie im 20. Jahrhundert.
Die Veranstaltung findet unter Einhaltung der 2G-Regelung statt. Das Platzkontingent ist begrenzt, wir bitten daher um vorherige Anmeldung unter anmeldung@zfl-berlin.org.
Programm
Donnerstag, 28.10.2021
9.15
- Begrüßung und Einführung
10.00–12.00
- Caroline Arni (Basel): Mütterliche Filiation und Geschwisterschaft bei den Saint-Simonistinnen
- Gudrun Rath (Linz): Brüderlichkeit zwischen allen (tous et toutes)
12.15–13.15
- Stefani Engelstein (Durham, NC/ZfL): Geschwisterlichkeit und Epistemologie im 19. Jahrhundert
15.00–17.00
- Patrick Eiden-Offe (ZfL): Das Problem der Arbeiterin (nach Joan W. Scott)
- Felix Trautmann (Frankfurt a.M.): Von der Commune zum Communalismus. Elisée Reclus’ Kritik der Brüderlichkeit, der Ehe und der anarchistischen Enklaven
17.30–18.30
- Maud Meyzaud (ZfL): Vaterschaft(en) in der sozialen Revolution (Démar, Weitling)
Freitag, 29.10.2021
9.00–11.00
- Jeanette Ehrmann (Berlin): Ezili Danto. Die verdrängte Weiblichkeit der Haitianischen Revolution
- Oliver Precht (ZfL): Egalitäre Gesellschaften im Urwald? Marronage als Widerstand, Revolution und Imagination
11.30–12.30
- Stephan Zandt (Berlin): Konsanguine oder affinale »Brüder«? Perspektivismus und Verwandtschaft in der amerindianischen Anthropologie Brasiliens
14.30–16.30
- Lena Kugler (Potsdam/Konstanz): Der Schwesterwolf. Psychoanalytische Chimären einer monströsen Trauer
- Iris Därmann (Berlin): »Ein Kind wird geschlagen«
Abb. oben: aus: Friedrich Ritschl: Thomae Magistri sive Theoduli Monachi ecloga Vocum Atticarum. Halle: Libraria Orphanotrophei, 1832, Quelle: Duke University Library.
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