Petra Boden (HU Berlin): Eberhard Lämmert und die Frage, wie sich Geschichte erzählen lässt
Wie wird Geschichte erzählt? Um diese zentrale Frage der Geisteswissenschaften ging es dem Komparatisten Eberhard Lämmert (1924–2015) in seiner Universitätsvorlesung an der Freien Universität Berlin im Sommersemester 1986. Anlässlich der erstmaligen Edition dieser Vorlesung (Eberhard Lämmert: Geschichten von der Geschichte. Geschichtsschreibung und Geschichtsdarstellung im Roman, hg. von Petra Boden, Stuttgart: S. Hirzel 2024) zeichnet der Vortrag nach, wie Lämmert die Vielzahl an Interferenzen, Konkurrenzen und Absetzbewegungen von überlieferten Erzähltechniken in Historiografie und Literatur sowie deren geschichtsphilosophische, geschichtstheoretische und philologische Reflexion durchmustert. In seiner Vorlesung skizziert er eine Entwicklung, in der sich die Geschichte von Historiografie und Literatur in gegenseitiger Abhängigkeit entfaltet und in der die Texte von Schriftstellern ebenso wie die von Historikern nicht unabhängig von ihren Lesern in den Blick kommen. Damit gelingt Lämmert eine groß angelegte, singuläre Skizze des historischen Romans und der Geschichtstheorie von der Aufklärung bis zum Ende des 20. Jahrhunderts.
Moderation: Eva Geulen
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht nötig.
Petra Boden ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 1983 bis 1991 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Literaturgeschichte an der Akademie der Wissenschaften der DDR und von 1992 bis 2007 am Forschungsschwerpunkt Literaturforschung bei der Förderungsgesellschaft Wissenschaftliche Neuvorhaben e.V. und dem daraus hervorgegangenen ZfL. Dort leitete sie unter anderem die Projekte Zum Wissenschaftsverständnis der Literaturwissenschaften in Deutschland in ihrem Bezug zu natur-, sozial-, technik-, und kulturwissenschaftlichen Disziplinen 1890–2000 und Popularisierung literaturgeschichtlichen Wissens 1850–1930. Anschließend war sie unter anderem als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Literaturarchiv Marbach sowie als freie Autorin tätig.
Publikationen (Auswahl):
- Hg.: Poetik und Hermeneutik im Rückblick. Interviews mit Beteiligten, Paderborn: Fink 2017 (mit Rüdiger Zill)
- So viel Wende war nie. Zur Geschichte des Projekts »Ästhetische Grundbegriffe«. Stationen zwischen 1983 und 2000. Bielefeld: Aisthesis 2014
- Hg.: Vielfacher Blick. Eberhard Lämmert zum 90. Geburtstag. Siegen: Universi 2014 (mit Ralf Schnell und Justus Fetscher)
- Hg.: Modernisierung ohne Moderne. Das Zentralinstitut für Literaturgeschichte an der Akademie der Wissenschaften der DDR (1969–1991). Literaturforschung im Experiment. Heidelberg: Winter 2004 (mit Dorothea Böck)
- Hg.: Deutsche Literaturwissenschaft 1945–1965. Fallstudien zu Institutionen, Diskursen, Personen. Berlin: Akademie Verlag 1997 (mit Rainer Rosenberg)
Abb. oben: Eberhard Lämmert bei der Festveranstaltung zu seinem 80. Geburtstag im Literaturhaus Berlin am 22.10.2004, © ZfL