Das Leben schreiben. Warlam Schalamow: Biographie und Poetik

Im Rahmen desPortrait von Warlam Schalamow Forschungsvorhabens wurde eine umfangreiche Biographie des russischen Schriftstellers und Dichters Warlam Schalamow (1907–1982) erarbeitet.

Schalamow ist erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts ins Blickfeld der internationalen Öffentlichkeit gerückt. Die vollständige Übersetzung seines Hauptwerks ins Deutsche – im Rahmen der von Franziska Thun-Hohenstein im Verlag Matthes & Seitz Berlin betreuten Werkausgabe – ermöglichte die Entdeckung eines großen Autors, dessen Name aus den internationalen wissenschaftlichen Debatten um literarisches Schreiben ›nach Auschwitz‹ und ›nach dem GULag‹ nicht mehr wegzudenken ist. Die Vielschichtigkeit, poetische Dichte und der lakonische Grundton der mehr als 150 Erzählungen aus Kolyma geben Schalamow als eine der eigenwilligsten literarischen Stimmen in der Literatur des 20. Jahrhunderts zu erkennen. Dennoch fehlte (selbst in Russland) eine wissenschaftliche Darstellung seines Gesamtwerks, die dem komplexen Zusammenhang zwischen Biographie und Poetik gerecht wird und darüber hinaus die kulturhistorischen Umstände in der Sowjetunion zu seinen Lebzeiten in die Betrachtungen miteinbezieht.

Dieser Leerstelle stellte sich das Projektvorhaben, indem es Schalamows Texte (mit besonderem Akzent auf der Prosa) im Hinblick auf die Problematik der Erzählbarkeit menschlichen Lebens nach Auschwitz und nach dem GULag untersucht hat. Zentrales methodisches Anliegen war es, philologische, literatur- bzw. kulturhistorische und biographische Untersuchungsperspektiven miteinander zu verknüpfen. Für den komplexen Zusammenhang zwischen Leben und Schreiben nach dem GULag wurde eine Darstellungsform gefunden, die es ermöglicht hat, Schalamows Gesamtwerk (in Ansätzen auch seine Gedichte) und seine ästhetischen Suchbewegungen von den 1920er/1930er bis zu den 1970er Jahren in enger Beziehung zu seinem von extremen Brüchen gezeichneten Leben und dem soziokulturellen Kontext in der Sowjetunion zu analysieren. In der 2022 publizierten Biographie bilden diese Zäsuren den konzeptionellen Ausgangspunkt, um die unterschiedlichen Etappen der intellektuellen Biographie Schalamows aus der Poetik seiner literarischen Texte heraus zu rekonstruieren.

 

Abb. oben: Warlam Schalamow (1907–1982)

gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 2016–2020

Publikationen

Franziska Thun-Hohenstein

Das Leben schreiben
Warlam Schalamow: Biographie und Poetik

Matthes & Seitz Berlin, 2022, 536 Seiten
ISBN 978-3-95757-037-6
Susanne Frank, Franziska Thun-Hohenstein (Hg.)

Körper, Gedächtnis, Literatur in (post-)totalitären Kulturen
Sonderband des Wiener Slawistischen Almanachs

Bd. 85 (2020)
Peter Lang, Berlin 2021, 484 Seiten
ISBN 978-3-631-84365-9 (Print); 978-3-631-84410-6 (E-Pub)
Dirk Naguschewski, Matthias Schwartz (Hg.)

Schalamow
Lektüren

Fröhliche Wissenschaft Bd. 132
Matthes & Seitz, Berlin 2018, 176 Seiten
ISBN 978-3-95757-554-8

Franziska Thun-Hohenstein

Veranstaltungen

Lesung und Gespräch
20.09.2023 · 19.00 Uhr

Franziska Thun-Hohenstein: Das Leben schreiben. Warlam Schalamow: Biografie und Poetik

Max-Lingner-Haus, Beatrice-Zweig-Straße 2, 13156 Berlin

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Buchvorstellung und Gespräch
17.05.2023 · 17.00 Uhr

Franziska Thun-Hohenstein: »Das Leben schreiben«. Warlam Schalamow: Biografie und Poetik

Literaturforum im Brecht-Haus, Chausseestraße 125, 10115 Berlin

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Buchvorstellung
09.11.2022 · 19.00 Uhr

Das Leben schreiben. Warlam Schalamow: Biographie und Poetik

Haus für Poesie, Knaackstr. 97, 10435 Berlin

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Vortrag
07.10.2022 · 09.30 Uhr

Franziska Thun-Hohenstein: »Das Leben schreiben«. Erfahrungen aus der Arbeit an einer Biographie Warlam Schalamows

Università degli Studi di Milano, Sala Napoleonica, Via Sant’Antonio, 12, 20122 Milano, Italien

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Lesung und Gespräch
16.12.2019 · 18.00 Uhr

»…dass der Tod kein bisschen schlimmer ist als das Leben.« Warlam Schalamow, Schreiben nach dem Gulag

Militärhistorisches Museum der Bundeswehr, Olbrichtplatz 2, 01099 Dresden

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Gespräch
11.10.2019 · 13.00 Uhr

Kolyma in other Languages. Translating and Publishing Varlam Shalamov’s Work Abroad

Södertörn University, Campus Flemingsberg, Alfred Nobels allé 7, 141 89 Huddinge (SWE), MA 756, CBEES

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Vortrag
13.02.2019 · 20.00 Uhr

Franziska Thun-Hohenstein: Ästhetische Distanztechniken bei Schalamow und Brecht

Literaturforum im Brecht-Haus, Chausseestraße 125, 10115 Berlin

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Symposium
12.05.2016 · 10.30 Uhr

Schalamow. Lektüren

ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et., Trajekte-Tagungsraum

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Vortrag
21.01.2016 · 18.15 Uhr

Franziska Thun-Hohenstein: Warlam Schalamow. Poetik und Biographie

Bonatzbau der Universitätsbibliothek, Wilhelmstr. 32, 72074 Tübingen

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Vortrag
19.09.2013

Franziska Thun-Hohenstein: »Fantiki« des Lebens. Die Poetik (auto-)biographischer Texte Warlam Schalamows

Strahovské nádvoří 1/132, 118 00 Praha 1, Czech Republic

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Medienecho

06.11.2023
Im Lager der Literatur

Rezension von Aage A. Hansen-Löve, in: Wespennest 185 (2023), 96–102

20.09.2023
Gedichte wie Gebete als Antwort auf den Terror

Rezension von Uwe Wolff, in: Die Tagespost (20.9.2023)

02.08.2023
Anpassung nützte wenig

Rezension von Wolfgang Schneider, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 177 (2.8.2023), 10

10.03.2023
Abschluß und Auftakt zugleich

Hoffnung und Hunger, Kälte und Lüge grundieren die erschütternde Biographie über die illusionslose Verflechtung von Leben und Literatur des russischen Schriftstellers Warlam Schalamow. Rezension von Volker Strebel, in: literaturkritik.de, 10.3.2023

04.03.2023
Kontakt mit der Vergangenheit

Schriftsteller Warlam Schalamow überlebte den sowjetischen Gulag. Seine Briefe sowie seine Biografie geben Einblicke in eine Poetik des Schreckens. Rezension von Fokke Joel, in: taz, 4.3.2023

02.03.2023
Das Lager erzählen

Rezension von Ulrike Baureithel, in: WOZ Die Wochenzeitung 9 (2.3.2023)

26.01.2023
Warlam Schalamow: Die karge Meisterprosa eines Antistalinisten

Rezension von Ronald Pohl, in: Der Standard, 26.1.2023

Beiträge

20.9.2023 Audio
»Das Leben schreiben. Warlam Schalamow: Biografie und Poetik«
Lesung und Gespräch mit Franziska Thun-Hohenstein im Max-Lingner-Haus, moderiert von Wladislaw Hedeler
© Helle Panke e.V.

3.5.2022 Audio
»Warlam Schalamow – am Kältepol der Grausamkeit«
Podcast »Kontext« im SRF mit Franziska Thun-Hohenstein
© WDR 3