Unerledigte Geschichte. Logiken des Gerüchts im historischen Roman
Program
Vortragsreihe im Rahmen der Ausstellung "Gerüchte"
Kooperation des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin mit dem Museum für Kommunikation Berlin
Zum Vortrag:
Historische und mehr noch historisch-phantastische Romane nach Art von Leon Feuchtwangers Jud Süß (1925) und Leo Perutz' Marques de Bolibar (1920) machen gerade das Unverständliche und Unerzählte der Historie zu ihrem Thema. Sie beschäftigen sich auf eine äußerst genaue Weise mit der Frage, durch welche Instanzen und Erzählmodi eine Geschichte verlässlich beglaubigt wird, welche Ereignisse wie überliefert – oder vorenthalten werden. Dadurch machen sie auch "ungesicherte" Informationsformen wie das Gerücht zum Katalysator von Geschichte. Vor allem Leo Perutz’ Romane sind Phantasmen von Krieg und Gewalt, die er als Kampf um die Erzählerstimme und um die "richtige" Erinnerung organisiert.
Der Vortrag konzentriert sich auf die in den Romanen greifende Verschränkung von Beglaubigungsgesten mit dem historisch Unverbürgten und auf die Logiken des Gerüchts in seiner nicht nur etymologischen Verwandtschaft mit den Worten "Gerüft", "Ruch", was auch "Chaos", "Katastrophe" und "Verbrechen" bedeutet.
Mona Körte, Germanistin und Komparatistin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im ZfL-Forschungsprojekt Gesicht als Artefakt.