»Nein!« ist nicht genug. Russische Autor:innen im Gespräch über Krieg und Literatur
Vorstellung von Sergej Lebedew (Hg.): Nein! – Stimmen aus Russland gegen den Krieg (Rowohlt 2025)
Seit Russlands umfassender Angriffsinvasion gegen die Ukraine herrschen dort unermessliches Leid, Zerstörung und Tod. Während Gesellschaften im Osten Europas starke Solidarität mit den Angegriffenen zeigen, ist die russische Gesellschaft tief gespalten. Viele, die den Krieg verurteilen, mussten Russland verlassen und leben heute im Exil.
Die von Sergej Lebedew herausgegebene Anthologie Nein! – Stimmen aus Russland gegen den Krieg versammelt Erzählungen von Autorinnen und Autoren, denen weder ein Lippenbekenntnis gegen den Krieg noch der Rückzug in scheinbar unpolitische Kunst genügt. Ihre Texte machen deutlich: Ein einfaches »Nein« genügt nicht. Um Wege für eine andere Zukunft zu eröffnen, bedarf es dringend der Aufarbeitung der kolonialen und imperialen Vergangenheit und Gegenwart Russlands.
Sergej Lebedew, Dinara Rasuleva und Nikolai Kononow lesen Erzählungen aus dem Band und sprechen mit dem Moderator Zaal Andronikashvili (ZfL) über aktuelle politische und künstlerische Notwendigkeiten.
Sergej Lebedew, *1981 in Moskau, Schriftsteller und Journalist. Autor von sechs Romanen und einer Sammlung von Erzählungen. In seinen Romanen behandelt er die russische Vergangenheit, insbesondere die Stalin-Zeit mit ihren Folgen für das moderne Russland. Lebedews Bücher wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und standen auf der Auswahlliste zahlreicher Buchpreise. Auf Deutsch erschienen: Der Himmel auf ihren Schultern (2013), Menschen im August (2015), Kronos’ Kinder (2018), Das perfekte Gift (2021) und Titan oder die Gespenster der Vergangenheit (2023). Sergej Lebedew lebt in Potsdam.
Dinara Rasuleva, *1987 in Kasan (Tatarstan), Dichterin von expressionistischer und Performance-Lyrik auf Tatarisch, Russisch, Englisch und Deutsch. 2020 gründete sie ein feministisches Schreiblabor für russischsprachige Einwanderinnen* und mit anderen die Musik- und Kunstgruppe TATAR KYZ:LAR. Seit 2022 betreibt sie das Lostlingual-Projekt, eine Untersuchung des Verlusts ihrer tatarischen Muttersprache durch translinguale abstrakte Poesie. 2022 erschien ihr Gedichtband Su, 2025 der Roman Traumagotchi und der mehrsprachige Gedichtband Lostlingual. Dinara Rasuleva lebt in Berlin.
Nikolai Kononow, *1980 in Moskau, Autor und Journalist. Er hat zwei Sachbücher sowie die Romane Aufstand (2019) und Die Nacht, in der wir verschwanden (2022) veröffentlicht, die beide u.a. auf der Shortlist für den NOS-Literaturpreis standen. Seine Essays erscheinen in der Neuen Zürcher Zeitung, in Lettre International und Jacobin. Nikolai Kononow lebt in Berlin.