Geopoetiken
Geographische Entwürfe in den mittel- und osteuropäischen Literaturen
Der Begriff Geopoetik erlebt zurzeit eine interessante Konjunktur, vor allem in den mittel- und osteuropäischen Literaturen. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber einer spielt hier die entscheidende Rolle: Nach der Neuordnung der politischen Geographie Europas seit 1989 – nach der Auflösung des Ostblocks – hat sich das Interesse der Literatur am Entwerfen geographischer Räume verstärkt. Es liegt auf der Hand, dass diese literarische Aktivität mit der theoretischen Hinwendung zum (geographischen) Raum korreliert, welche in den letzten Jahren als spatial bzw. topographical turn in den Kultur-, Geschichts- und Sozialwissenschaften diagnostiziert wurde. Dabei leisten die literarischen Texte selbst ihren eigenen Beitrag zur Theorie des topographischen Denkens und Schreibens.
Der vorliegende Band nimmt den in der Literatur kursierenden Begriff Geopoetik auf und fragt zum einen nach dem Potential einer geographischen poiesis in der Literatur und zum anderen nach Möglichkeiten ihrer Konzeptualisierung in und für die Literatur- und Kulturwissenschaften in Abgrenzung und Ergänzung zu bestehenden topographischen, topologischen und geokulturologischen Ansätzen. Geographisch gilt das Augenmerk dem mittleren und östlichen Europa, das als Gegenstand literarischer Geopoetik sowohl aus historischer Perspektive als auch im Hinblick auf die gegenwärtige literarische Neukartierung interessiert.